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Die blauen Schalter starten durch
Die blauen Schalter starten durch
Sowohl bei großen Passagiermaschinen als auch bei Kleinflugzeugen – in der Luftfahrt sind alle Systeme doppelt abgesichert. Damit diese Redundanz im Handling nicht allzu umständlich wird, tüfteln Entwickler immer wieder an der Funktion und Aufmachung einzelner Bauteile.
Wussten Sie …
… was Avionik bedeutet? Das Wort ist ein Zusammenschluss aus Aviation (=Luftfahrt) und Elektronik. Man versteht unter Avionik deshalb alle elektronischen Geräte und Anlagen, die in Fluggeräten zum Einsatz kommen.
Das motivierte „Team von Flugenthusiasten“ bei RS Flight Systems aus Berg bei München entwickelt und produziert Avionik-Geräte für 2- bis 4-sitzige Flugzeuge und Hubschrauber. „Wir sind hier alle mit der Fliegerei groß geworden und haben die Vision, dieses Erlebnis immer einfacher und sicherer zu machen“, erzählt uns CTO Dr. Matthias Weinzierl (vorne rechts auf dem Titelbild zusammen mit dem zweiten Firmengründer und CEO Maximilian Rommel).
Moderne Motoren – mehr Aufwand?
Hocheffiziente Einspritzer-Motoren für Kleinflugzeuge wie die des Marktführers BRP-Rotax aus Österreich überzeugen seit Jahren durch enorme Leistung und Spritverbrauchsreduktion. Diese komplexen Bauteile verlangen aber auch eine ganze Reihe an Schaltvorgängen, um alle Funktionen vor dem Start der Maschine zu testen.
Wo einst bei älteren Flugzeugmotoren noch 2 Schalter ausreichten, hatte der Pilot auf einmal 8 davon zu bedienen. Neben dem Aufwand wurde auch das Risiko zu hoch, dass er einen vergisst oder verwechselt. Infolgedessen brachte RS Flight Systems den Start Key Switch 9iS ins Spiel, ein Schalter mit hoher Logik, der in 8 verschiedenen Schaltstellungen alle Funktionen abfragen ließ. Zweifelsohne eine sehr platzsparende Variante, doch für manchen Anwender war sie schon wieder zu kompakt und man wünschte sich mehr Übersichtlichkeit. Aus diesen Parametern entstand bei den Entwicklern das SCU Front Panel V2.
Die Kombi macht‘s
Einer der Bestseller von RS Flight Systems beweist: Die Aufsplittung ist gelungen.
Mit seinem Schlüssel kann der Pilot nun am linken Schalter das Hauptrelais schalten und das Flugzeug zunächst mit Strom versorgen.
Im zweiten Schritt schaltet er mit dem rechten Schalter zunächst für 30 Sekunden auf LANE A, danach auf LANE B. Dahinter stecken zwei unabhängige Steuergeräte. Gleichzeitig werden auch die beiden Kraftstoffpumpen (Haupt- und Zusatzpumpe) mitgetestet. Wurde die volle Redundanz bestätigt, schaltet der Pilot auf Mittelstellung A+B und kann das Fluggerät durch Drücken starten.
Mittlerweile liefert RS Flight alles, was an Subkomponenten rund um die BRP-Rotax Motoren und die Kleinflugzeuge selbst Sinn macht, aus einer Hand.
Losrütteln ausgeschlossen
Beim Fliegen muss einfach gewährleistet sein, dass sich kein Teil durch Vibrationen löst. Deshalb werden bei den blauen Schaltern alle Leitungen sicher mit Hilfe von Ringkabelschuhen angeschlossen. Ein Rausrutschen ist somit nicht mehr möglich.
„Bei unseren Gesprächen habe ich gelernt, dass die Anforderungen in der Fliegerei wirklich nicht so ohne sind. Sicherheit steht natürlich an erster Stelle und auch in Sachen Funktionen muss auf engstem Raum einiges abgedeckt werden: Überlappbereiche beim Umschalten von einer Spritpumpe auf die andere zum Beispiel. Aber bereits nach drei Entwicklungsdurchgängen hatten wir alles unter Dach und Fach,“ so Maximilian Rauh, zuständig für den Vertrieb im bayerischen Raum bei den Schalterspezialisten von Kraus & Naimer Deutschland.
„Unsere Schalter, Touch-Panels und Funktionsgriffe werden meistens in Industriemaschinen und -anlagen oder im Logistikbereich verbaut. Deshalb war ein Projekt dieser Art mal wieder eine absolut interessante Abwechslung,“ resümiert Rauh.
Startup mit Erfahrung
2018 löste sich ein Team von drei Mitarbeiten aus der Reiser Simulation and Training GmbH. Das Unternehmen ist bekannt für komplexe Flugzeug- und Helikoptersimulatoren, in denen Piloten ausgebildet und geschult werden. Die komplett ausgebauten und sich authentisch bewegenden Simulatoren machen das Training zu einer täuschend echten Erfahrung.
RS Flight Systems hingegen hat sich auf Bauteile spezialisiert, die tatsächlich in die Luft gehen. Und sie sind längst kein Startup mehr. Das stetig wachsende Team aus Fachleuten begleitet außerdem Flugtests und Flugtestkampagnen vom Anfang bis zur Zulassung.
Text: Sonja Reinle, Kraus & Naimer GmbH
Fotos: RS Flight Systems