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Not-Aus und Not-Halt

In der industriellen Sicherheitstechnik sind die Begriffe Not-Aus und Not-Halt von zentraler Bedeutung. Obwohl sie oft synonym verwendet werden, unterscheiden sie sich in Funktion und Anwendung erheblich. Dieser Artikel beleuchtet die Gemeinsamkeiten und Unterschiede, rechtliche Vorgaben bzw. Richtlinien und Normen der EU und des deutschsprachigen Raums, die Verwendung spezifischer Farben sowie technische Aspekte und Vorgaben.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Not-Halt
Ein Not-Halt dient dazu, gefährliche Maschinenbewegungen oder Prozesse schnellstmöglich zu stoppen, um drohende Gefahren abzuwenden. Dabei wird die Maschine kontrolliert in einen sicheren Zustand versetzt. Die Energiezufuhr bleibt zunächst bestehen und wird erst nach dem Stillstand unterbrochen.
Not-Aus
Ein Not-Aus hingegen zielt darauf ab, elektrische Gefährdungen zu beseitigen, indem die Stromzufuhr zur Maschine oder Anlage sofort unterbrochen wird. Dies führt zu einem unkontrollierten Stillstand der Maschine.

Relevante Normen und Richtlinien
Die Unterscheidung zwischen Not-Halt und Not-Aus bzw. deren Definition ist in der EU bzw. im deutschsprachigen Raum in verschiedenen Normen festgelegt:
- DIN EN ISO 13850 legt die Gestaltungsleitsätze für Not-Halt-Einrichtungen fest und definiert Anforderungen an deren Ausführung
- DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1) behandelt die elektrische Ausrüstung von Maschinen und beschreibt in den Kapiteln 10.7 und 10.8 die Anforderungen an Not-Halt- und Not-Aus-Einrichtungen.
- Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG fordert, dass Maschinen mit mindestens einer Not-Halt-Einrichtung ausgestattet sein müssen, um drohende oder eintretende Gefahren zu vermeiden. Ausnahmen bestehen für handgehaltene oder handgeführte Maschinen sowie für solche, bei denen ein Not-Halt das Risiko nicht mindern kann.
Stopp-Kategorien
Die Norm DIN EN 60204-1 definiert drei unterschiedliche Stopp-Kategorien:
- Stopp-Kategorie 0: Unkontrolliertes Stillsetzen durch sofortige Unterbrechung der Energiezufuhr.
- Stopp-Kategorie 1: Gesteuertes Stillsetzen mit anschließender Unterbrechung der Energiezufuhr.
- Stopp-Kategorie 2: Gesteuertes Stillsetzen ohne Unterbrechung der Energiezufuhr.
Not-Halt-Einrichtungen entsprechen üblicherweise der Stopp-Kategorie 1, während Not-Aus-Einrichtungen in der Regel der Stopp-Kategorie 0 zugeordnet werden.
Herausforderungen durch Terminologie und Fachjargon
Im deutschen Sprachgebrauch werden die beiden unterschiedlichen Funktionen Not-Aus und Not-Halt oft fälschlicherweise synonym unter dem Begriff Not-Aus zusammengefasst, was häufig zu Verwirrung führen kann – auch unter Fachleuten.
Not-Aus ist die korrekte deutsche Entsprechung für den englischen Begriff Emergency Switching Off. Jedoch wurde in deutschsprachigen Normausgaben, der englische Begriff Emergency Stop fälschlich mit Not-Aus statt mit Not-Halt übersetzt. Insbesondere in der EN418 (Deutsche Fassung EN 418:1992) und teilweise auch in der alten EG-Maschinenrichtlinie 98/37/EG.

In der Nachfolgenorm ISO 13850 wurde der Terminologiefehler korrigiert und sie enthält nun den Begriff Not-Halt. In der neuen Fassung der Maschinenrichtlinie (2006/42/EG, bzw. 2009/127/EG) wurde der Begriff auch auf Not-Halt korrigiert.

Farbgebung gemäß relevanter Normen
In allen relevanten Normen wird beschrieben, dass sich Not-Halt-Taster ebenso wie Not-Aus-Schalter in ihrer Funktion als Not-Bediengeräte durch ihre Farben merklich von ihrer Umgebung unterscheiden sollen.
In den meisten Fällen (so auch in DIN EN ISO 13850 beschrieben) wird hierzu die Sicherheitsfarbe Rot und die Kontrastfarbe Gelb verwendet.
Einsatzbereiche und Beispiele
- Not-Halt: Wird eingesetzt, um gefährliche Bewegungen zu stoppen, beispielsweise bei Maschinen mit rotierenden Teilen. Durch den kontrollierten Stopp können Gefahren für Bediener:innen minimiert werden.
Drehmaschine in der Werkstatt: Späne verklemmen sich, der Bediener bzw. die Bedienerin drückt Not-Halt. Die Spindel stoppt, die Stromversorgung bleibt aber bestehen.
- Not-Aus: Kommt zum Einsatz, wenn elektrische Gefährdungen bestehen, etwa bei einem Kurzschluss. Durch das sofortige Abschalten der Stromzufuhr wird die Gefahr beseitigt.
Industrieroboter: Eine Person betritt unbefugt den Gefahrenbereich. Die Betätigung des Not-Aus trennt sofort die Stromzufuhr.
Produkte von Kraus & Naimer
Kraus & Naimer bietet eine Vielzahl von Schaltgeräten und weiteren Produkten, die in Not-Halt-Anwendungen und Not-Aus-Anwendungen eingesetzt werden können. Hier ein paar Beispiele:

Hauptschalter
Beispielsweise sind Hauptschalter mit Not-Aus-Funktion von Kraus & Naimer mit rotem Griff und gelbem Frontschild ausgestattet, um die Anforderungen an Not-Aus-Einrichtungen zu erfüllen. Zwar können diese Schalter als Bedienelement auch für Not-Halt eigesetzt werden, dies ist jedoch eher unüblich.
Für Not-Halt werden üblicherweise leicht zugängliche und leicht zu betätigende Geräte eingesetzt, wie z. B. ein Drucktaster für die Betätigung mit der Handfläche oder Faust (z. B. pilzförmig).

Drucktaster
Wie bereits oberhalb erwähnt, werden Drucktaster in der Regel für die Not-Halt-Funktion eingesetzt. Kraus & Naimer bietet verschiedenste Taster, die ebenfalls in der Sicherheitsfarbe Rot verfügbar sind.
Wahlweise können diese auch in einem Gehäuse (in der Kontrastfarbe Gelb) verbaut geliefert werden.

Funktionsgriffe
Die Funktionsgriffe mit integrierten Schaltkontakten und LED-Leuchten sind in verschiedensten Ausführungen erhältlich, unter anderem auch mit Not-Halt-Funktion in Rot/Gelb oder auch mit einem beleuchteten Not-Halt.
Zusammengefasst
Die korrekte Unterscheidung zwischen Not-Halt und Not-Aus ist essenziell für die Sicherheit in industriellen Anwendungen. Während der Not-Halt gefährliche Bewegungen kontrolliert stoppt, unterbricht der Not-Aus die Energiezufuhr bei elektrischen Gefährdungen.
Die Auswahl der geeigneten Schutzeinrichtung sollte stets auf einer gründlichen Risikobeurteilung basieren und die relevanten Normen berücksichtigen.